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Aktuelle Informationen aus der vhs

Zwischen Kita und Karriere Projekt MAMA@work ist gestartet

Mit einem entschlossenen Auftakt geht die vhs ARBERLAND neue Wege in Sachen Chancengleichheit: Das Projekt MAMA@work will Frauen im Landkreis Regen nach einer Familienzeit gezielt beim beruflichen (Wieder-)Einstieg mit kostenfreien Angeboten unterstützen. Individuell, praxisnah und strukturell wirksam. Rund 35 Teilnehmende waren zur Auftaktveranstaltung ins ARBERLAND Haus gekommen, darunter Mütter, pflegende Frauen, Personalverantwortliche und Netzwerkakteure.

 

Die Volkshochschule als Modellprojekt
Landrat Dr. Ronny Raith brachte es in seiner Begrüßung auf den Punkt: „Es wäre volkswirtschaftlich und gesellschaftlich verheerend, das Potenzial qualifizierter Frauen ungenutzt zu lassen.“ Kinder dürften kein Karriereknick sein, so Raith. Umso erfreulicher sei es, dass der Landkreis Regen zu den wenigen Standorten zählt, in dem eines der insgesamt vier durch den Bayerischen Arbeitsmarktfonds des Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales geförderten Frauenprojekte startet. Anschließend stellte Sabrina Kraas, Bereichsleiterin Bildung an der vhs und Projektleiterin von MAMA@work, die Ziele und Inhalte des Projekts vor. Es richtet sich an Frauen im Landkreis, die nach einer Phase familiärer Verantwortung ihre beruflichen Perspektiven stärken oder neu ausrichten möchten.
Das Konzept beruht auf vier Säulen: In den Empowerment-Stammtischen begegnen sich Frauen, Unternehmen, Netzwerkpartner und Beratungsakteure. Die Einzelcoachings bieten individuelle Unterstützung bei beruflicher Orientierung, Bewerbung, Vereinbarkeit, Resilienz oder digitalen Kompetenzen - ergänzt um optionale Praktika zur Erprobung neuer Felder oder für einen gelungenen Wiedereinstieg. Hinzu kommen praxisnahe Workshops, die sich speziell an Mütter richten und Themen wie Zeitmanagement, Selbstpräsentation oder mentale Gesundheit aufgreifen und selbstredend zeitlich familienfreundlich und lebensnah geplant sind. Die vierte Säule richtet sich an Unternehmen: Sie werden mit Gleichstellungstrainings sensibilisiert, um familienfreundliche Strukturen langfristig zu etablieren.

Familienfreundlichkeit als Wettbewerbsvorteil
Einen wichtigen Impuls für Arbeitgeber und Personalverantwortliche setzte Sebastian Klein von der Servicestelle Familienpakt Bayern. Der Familienpakt ist eine gemeinsame Initiative der Bayerischen Staatsregierung und der bayerischen Wirtschaft mit über 1.700 Mitgliedsunternehmen, die sich zu konkreten familienfreundlichen Maßnahmen verpflichten, etwa durch flexible Arbeitszeiten, Homeoffice-Möglichkeiten, betriebliche Unterstützungsangebote bei Kinderbetreuung und Pflege sowie die Sensibilisierung von Führungskräften. Diese Maßnahmen sind laut Klein längst keine netten Zusatzleistungen mehr, sondern entwickeln sich zu einem zentralen Erfolgsfaktor in Zeiten des Fachkräftemangels. „Eine familienfreundliche Unternehmenskultur ist heute kein Bonus – sie ist ein Wettbewerbsfaktor“, betonte Klein. Mit praxisnahen Beispielen verdeutlichte er, wie Maßnahmen konkret aussehen können: So empfiehlt der Familienpakt etwa, den Kontakt zu Mitarbeitenden während der Elternzeit bewusst zu halten oder Pflegelotsen im Unternehmen auszubilden, also Ansprechpersonen für Beschäftigte, die familiäre Pflegeverantwortung übernehmen. Rund drei Millionen Erwerbstätige in Deutschland sind derzeit in Pflege involviert . „Ein oft ungenutztes Potenzial, das durch Unterstützung besser eingebunden werden könnte.“, so Klein. Besonders hob er auch die Väter hervor: „60 Prozent der Paare wünschen sich heute eine partnerschaftliche Aufteilung von Beruf und Familie, doch dafür braucht es Flexibilität der Unternehmen.“ Der Familienpakt zeigt gelungene Praxisbeispiele und bietet seinen Mitgliedern konkrete Beratungsangebote.

Pamela Baierl: Mut zur Struktur
Ein kleiner Höhepunkt des Nachmittags war der Impulsvortrag von Pamela Baierl, Steuerberaterin, Unternehmerin, Mutter – und kürzlich vom Bayerischen Sozialministerium als „Mutmacherin“ ausgezeichnet. Mit viel Offenheit, Humor und Tiefgang gab sie Einblicke in ihren ungewöhnlichen Werdegang. Mit gerade einmal 27 Jahren gründete sie ihre eigene Kanzlei. Ohne Mandanten, aber mit einer klaren Vision. Kurz darauf wurde sie schwanger und managte bald ihren Alltag als alleinerziehende Mutter und selbständige Unternehmerin. Was für viele wie ein Widerspruch klingt, machte sie zu ihrer Stärke: „Family first“ – nicht als Floskel, sondern als gelebtes Prinzip, das sich durch alle Ebenen ihrer Kanzlei zieht.
Heute gibt es dort keine Besprechungen vor 9 Uhr, um Mitarbeitenden ein entspanntes Familienmorgenritual zu ermöglichen. An schulfreien Tagen wie dem Buß- und Bettag verwandelt sich der Konferenzraum in ein Kinderkino, mit Pizza, Glitzerarmbändern und einem klaren Signal: Familienleben ist Teil der Unternehmenskultur. Mitarbeitende sollen den Freiraum haben, präsent im Job zu sein, aber auch als Eltern. „Vielleicht hat die Mama morgens noch Fieber gemessen oder eine Bring-Situation im Kindergarten mit Tränen war nicht einfach. Dies alles muss Platz haben und darf kein Karrierehindernis sein“, betonte sie. Dass dieser Ansatz nicht nur gut gemeint, sondern gut gemacht ist, zeigen die Zahlen: Ihre Ausbildungsplätze, auf die sie zahlreiche Bewerbungen erhielt, sind bis 2026 längst vergeben, ein Zeichen für gelebte Attraktivität als Arbeitgeberin.
Baierl sparte nicht mit klaren Worten zur gesellschaftlichen Realität: „Wenn es darauf ankommt, wird sich jede Mitarbeiterin immer für die Familie entscheiden. Kein Unternehmen kann es sich leisten, gute Fachkräfte zu verlieren, nur weil Strukturen nicht mit dem Familienleben vereinbar sind.“ Kritisch sah sie auch das anhaltende Rollenbild, das Väter für minimale Beteiligung lobt: „Ich könnte jedes Mal schmunzeln, wenn ich höre: ‚Ich unterstütze meine Frau, ich habe doch letzten Samstag gesaugt.‘ Helfen ist nicht das Ziel, Verantwortung teilen ist es.“
Sie forderte strukturelle Veränderungen; von Arbeitgebern, Politik und Gesellschaft. Vereinbarkeit müsse endlich nicht nur kommuniziert, sondern ernsthaft ermöglicht werden. Es brauche flexible Modelle, echte Teilzeit-Alternativen auf Führungsebene und Rahmenbedingungen, die individuelle Lebensverläufe nicht benachteiligen. „Vereinbarkeit gelingt nicht durch Worte, sondern durch Mut zu echten Strukturen“, so ihr leidenschaftlicher Appell. Ihr Vortrag endete mit Applaus und hinterließ vor allem eines: Zuversicht und Motivation. Denn sie zeigte eindrucksvoll, dass es nicht Perfektion braucht, sondern Klarheit, Haltung und den Willen, Dinge wirklich anders zu machen.

Alle Informationen finden Interessierte unter www.vhs-arberland.de/mamawork
Ansprechpartnerin und Projektleiterin Sabrina Kraas - kraas@vhs-arberland.de / Tel. 09921 9605 4455

07.12.25 09:06:26